Meine Reisen nach Kroatien - Winnetous und Old Shatterhands Filmheimat
 

Sommer 1963. Dreharbeiten zu 'Winnetou I'. Weit über den Ufern des Rio Pecos beraten sich Winnetou und sein Blutsbruder Old Shatterhand über die Zukunft der Indianer. Morgen würde Winnetou gemeinsam mit seinem Vater, dem Häuptling, und seiner Schwester Nscho-tschi zum geheimen Verstecks des Apatschengoldes reiten...

 

September 2000. Wieder einmal stehe ich an genau der gleichen Stelle auf dem Plateau hoch über dem 'Rio Pecos', der in Wirklichkeit den Namen Zrmanja trägt und schaue über dieses wunderschöne Stückchen Erde, das mir mittlerweile zur Heimat geworden ist. Und meine Gedanken fliegen zurück, die Erinnerung an die Filme ist so intensiv, als wären sie erst gestern gedreht worden. Kein Gedanke daran, daß bereits 37 Jahre vergangen sind.

 
Da bin ich nun zum 34. Mal in Starigrad/Paklenica. Wenn ich aus dem Fenster schaue, fällt mein Blick auf die Stelle, wo im 'Schatz im Silbersee' die Stadt Tulsa stand und wo Lex Barker und Götz George miteinander kämpften.
Vom rückwärtigen Fenster schaue ich ins 'Tal der Toten', die Velika (Große) Paklenica-Schlucht. Anderthalb Autostunden entfernt die herrlichen Fälle der Krka, dreieinhalb Autostunden entfernt das Naturwunder Plitvice mit seinem 'Donnerfall'. Es ist ein Traum, ein wunderschöner Traum. – Zurück zum Zrmanja. Wenn ich mich umdrehe, liegt das großartige Panorama des 'Nugget tsils' vor mir, hier wird dieses Felsmassiv Tulove Grede genannt. Ein weiterer Ort, der in mir viele Erinnerungen wachruft.
 
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So beginnt eine Geschichte, die ich versuche, als Reiseerzählung zu Papier zu bringen.
 
 

Wie man unschwer erkennen kann, habe ich das Thema 'Karl May' zu meinem Hobby gemacht. Seit ich mit 8 Jahren das erste Buch 'Unter Geiern' bekam, war es um mich geschehen (das Aussehen des Buches ist der Beweis dafür, daß man etwas 'zerlesen' kann...). Dann sah ich die ersten Film-Aushangfotos vor den Kinos und war fasziniert. Ein Kinobesuch kam jedoch für mich nicht in Frage, da meine Eltern strikt dagegen waren (eine konkrete Begründung dafür habe ich jedoch nie bekommen). Auch durfte ich mir in der 'Blütezeit' der Filme von meinem kärglichen Taschengeld keine BRAVO kaufen, die doch so voll war mit diesen herrlichen Fotos. Nun, Not macht ja bekanntlich erfinderisch, und so bekam ich regelmässig von Schulfreundinnen die schönsten Artikel, die ich hütete wie den Schatz von Fort Knox. Offiziell hatte ich mir dann von meinem Taschengeld etwas zum Naschen gekauft.... –

Allen Widrigkeiten zum Trotz – irgendwann war ich 'volljährig' und hatte mir mein Interesse an diesem Thema bewahrt. 1975 gründete ich einen 'Fan-Club' für Pierre Brice. 1976 sah ich ihn dann in Elspe/Sauerland das erste Mal persönlich und 1978 übernahm ich mit seinem Einverständnis das deutsche Club-Sekretariat. Es war eine arbeitsreiche, aber sehr schöne Zeit, an die ich heute noch gern zurückdenke. Leider stellte seine damalige Managerin, mit der ich mich sehr gut verstand, die Belieferung mit Karten und Informationen ein und seine Frau übernahm diese Dinge. Mit dem Ergebnis, dass diese regelmäßigen Belieferungen einschliefen und ich diese Arbeit Anfang der 80er Jahre aufgab, da sie nicht mehr produktiv war.

In den darauffolgenden Jahren konzentrierte ich mich auf das Sammeln von allem, was mit dem Thema Karl May zu tun hatte – mittlerweile habe ich ein ganz ansehnliches 'Archiv' zusammengetragen mit einigen seltenen Stücken. Ich merkte aber auch, dass sich mein Hauptinteresse verlagerte, nämlich auf die Landschaft, in der diese Filme gedreht wurden.

1974 war ich das erste Mal im heutigen Kroatien und verliebte mich auf Anhieb in diese herrliche Natur. Im September diesen Jahres war ich nun zum 34. Mal am gleichen Ort.... was ja wohl alles sagt! Und ich habe mich vom ersten Tag an nie als normaler 'Tourist' gefühlt, sondern als Einheimische und wurde auch von den Leuten dort als solche angesehen und gewann viele schöne Freundschaften.

Anfang der 80er Jahre war ich zweimal zusammen mit einer damaligen Freundin in einer der wohl schönsten Gegenden – dem Gebiet um den 'Nugget tsil', der von den Einheimischen Tulove Grede genannt wird. Dort hatten wir mit selbst angefertigten Lederkostümen unsere eigenen 'Dreharbeiten' abgehalten, mit zwei kleinen Fotoapparaten mit Selbstauslöser und einem Stativ. Abends waren wir nicht weniger zerschlagen als die Darsteller in den Filmen – nur daß wir unser 'Hotel' direkt an diesem Felsmassiv hatten – in Form einer steinernen Hütte eines Bauern, die wir vier Nächte lang in Anspruch nahmen. Sicherheitshalber, denn die erste Nacht verbrachten wir unter freiem Himmel oder besser gesagt unter einer mit Stöcken befestigten Zeltplane, überstanden gegen Mitternacht einen Wolkenbruch – Vorteil: er diente als Dusche! - (und was das in dortigen Gefilden heisst, wird jeder nachvollziehen können, der schon einmal dort war) und standen morgens in den Wolken, wo man nicht Hand vor Augen sehen konnte. Deshalb in den anderen Nächten die Hütte....!

Obwohl uns nachts Mäuschen aufsuchten und sich über unsere Vorräte hermachten und wir tagsüber einige Schlangen 'aus nächster Nähe' zu sehen bekamen – diese Tage und Nächte gehören zu den schönsten Erinnerungen meiner jeweiligen Aufenthalte dort.

 

Dann kam dieser unselige Krieg. Über diese Zeit gehe ich am besten hinweg, denn auch die Umgebung meines Aufenthaltsortes war davon schwer betroffen – das Ergebnis habe ich gesehen!

1996 lernte ich dann einen Kameramann vom ZDF kennen, der auf einem Fest anlässlich des 50jährigen Bestehens der CCC-Film meinte, daß "heute leider alle ehemaligen Drehorte wegen Minenverlegung nicht mehr aufgesucht werden könnten". Dies hören, fürchterlich schimpfen, an den PC stürzen und klarstellen, daß im Gegenteil der grösste Teil dieser Gegenden sehr wohl wieder besucht werden könnten, war eins! Dieser Mann war kein anderer als unser Joachim Giel, den viele von uns anhand seiner wunderschönen Videoaufnahmen und Fotos von seinem Drehortebesuch kennen werden. Und durch ihn wiederum kam ich dazu, die einmal jährlich stattfindenden Festtage der Karl-May-Gesellschaft zu besuchen. Man merkt schon – es zieht eines das andere nach sich!

 

1998 lernte ich auf unserem Treffen in Radebeul Marie Versini kennen und daraus hat sich ein sehr schöner Kontakt entwickelt, ebenso mit Martin Böttcher, dem Komponisten der meisten Filmmelodien. Es ist schon interessant, den Erzählungen der Leute zu lauschen, die damals in irgendeiner Art etwas mit den Filmen zu tun hatten. Und man kann sich denken, dass es immer sehr lange Tage und äusserst kurze Nächte sind – so ist man von den Berichten dieser Personen fasziniert.

 

1999 im Mai organisierte ich in Zusammenarbeit mit dem Fremdenverkehrsamt an meinem Urlaubsort eine Ausstellung zum Thema 'Karl May'. Diese fand statt in einem Bunker in der grossen Paklenica-Schlucht, dem 'Tal des Todes', wie bekannt ebenfalls Drehort mehrerer Filme. Und diese Ausstellung hatte einen grossen Erfolg inkl. Presse und kroatischem Fernsehen. Mir hatte das sehr viel bedeutet, zumal manche ältere Besucher sich oder Freunde und Bekannte von früher anhand der Fotos wiedererkannten. Dass diese Ausstellung Anklang fand, zeigt ein Bericht darüber, der sogar im CNN gesendet wurde!

Diese Ausstellung hatte ich Lex Barker gewidmet. Nachdem ich 1998 –zig Illustrierte und TV-Sendeanstalten anschrieb, um zu erreichen, dass zu seinem 25. Todestag etwas über ihn gebracht wird und ich entweder gar keine Reaktionen erhielt oder mir gesagt wurde, dass er nicht bekannt genug sei, entschloss ich mich, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Leider liess es sich 1998 nicht mehr verwirklichen, dafür aber im Jahr darauf, quasi zum 80. Geburtstag. Ich teilte auch Marie mein Vorhaben mit und bekam von ihr einen ganz lieben Brief, der ebenfalls ausgestellt und auch übersetzt im TV übermittelt wurde.

 

Mein nächster 'Plan' besteht darin, anhand meiner ungezählten Fotos und alten Pressefotos einen Bildband herauszubringen. Ich habe in den letzten drei Jahren unermüdlich die Drehorte aufgesucht (Plitvice, Krka, Paklenica, Tulove Grede ('Nugget-tsil') und den Zrmanja ('Rio Pecos') und an genau den gleichen Stellen, an denen in den Filmen die Kameras standen, meine Fotos geschossen. Dieser Bildband soll einen landschaftlichen Vergleich damals zu heute darstellen. Ich hoffe, daß sich dieser Plan irgendwann verwirklichen läßt. Ich hoffe? Nein, ich glaube ganz fest daran, denn auch ein 'Old Shatterhand' oder ein 'Winnetou' haben schließlich niemals aufgegeben...!

 

 
Auf meiner Homepage http://mayenzeit.beepworld.de, und per E-Mail (uschi-behm_at_netcologne.de) bin ich für andere Drehorte-Fans jederzeit erreichbar.
 

Text: Uschi Behm; Bilder: Uschi Behm, ALEX